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Würzburg. Knapp zehn Prozent der Deutschen über 60 Jahre weisen Anzeichen einer Degeneration der Netzhaut auf. Jenseits des 75. Lebensjahres steigt das Risiko, an einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zu erkranken, sogar auf 30 Prozent. Die AMD ist für etwa die Hälfte aller Erblindungen und einen Großteil der Sehbehinderungen in Deutschland verantwortlich. Um die Diagnostik und die Therapieentscheidungen bei der Erkrankung zu verbessern, nutzt die von Prof. Dr. Jost Hillenkamp geleitete Augenklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) seit Anfang 2025 die medizinischen Softwarelösungen Fluid Monitor und GA Monitor der RetInSight GmbH.
Der Fluid Monitor ist eine KI-basierte Software zur präzisen und automatischen Auswertung von mit optischer Kohärenztomographie (OCT) gewonnenen Bildern. Das System erlaubt es den Ärztinnen und Ärzten, krankheitstypische Flüssigkeiten in den verschiedenen Netzhautschichten auf einen Blick zu erkennen und zu quantifizieren. Diese Flüssigkeitsaustritte sind die wichtigsten Indikatoren für die Aktivität der neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration (nAMD, feuchte AMD). Der Fluid Monitor liefert einen übersichtlichen und bebilderten PDF-Bericht und bietet eine praktikable Basis für die Beurteilung des Krankheitsverlaufes und die individuelle Anpassung der Behandlung.
Der GA Monitor ist ein ebenfalls KI-basiertes Programm zur Befundung von OCT-Bildern im Rahmen des Managements der geographischen Atrophie (GA), der trockenen Form der AMD. Es visualisiert, lokalisiert und quantifiziert die Degeneration der Photorezeptoren und den Verlust des retinalen Pigmentepithels in der Netzhaut, lange bevor dies in der klinischen Routine erkennbar ist. Innerhalb von Minuten erstellt der GA Monitor einen einseitigen PDF-Bericht. „Die Software ermöglicht damit erstmals eine umfassende und frühzeitige Erfassung der Aktivität und des Stadiums der GA, was mit Routinemethoden bisher nicht möglich war“, schildert Prof. Hillenkamp. Die leicht verständlichen Bilder des Berichts unterstützen nach seinem Worten zudem die Patientenkommunikation bei der schweren chronischen Erkrankung.
Am UKW kommen die OCT-Bildanalyseprogramme in der Netzhaut- und IVOM-Sprechstunde bei ausgewählten Patientinnen und Patienten zum Einsatz. Im weiteren Jahresverlauf wird die Universitäts-Augenklinik Würzburg die Effizienz und den Nutzen der Software evaluieren, um deren Einsatz in der Patientenversorgung gezielt weiterzuentwickeln.
Würzburg. In Deutschland werden jährlich rund 9.000 Augenhornhäute transplantiert. Damit ist die transparente, äußere Schicht des Auges, die eine wichtige Rolle für klares Sehen spielt, das am häufigsten transplantierte Gewebe. Der Bedarf an Spenderhornhäuten ist jedoch deutlich höher als das Angebot, so dass viele Menschen aufgrund von Hornhauterkrankungen erblinden. Der Knappheit liegen zum einen der demografische Wandel und die mangelnde Spendenbereitschaft zugrunde, zum anderen aber auch logistische Herausforderungen und die Infrastruktur der Hornhautbanken. „Derzeit werden Spenderhornhäute in Hornhautbanken mit Techniken gelagert, die seit 30 Jahren unverändert geblieben sind, was dazu führt, dass bis zu 40 Prozent der Hornhäute aufgrund suboptimaler Qualität verworfen werden“, sagt Privatdozent Dr. Daniel Kampik, Leiter der Hornhautbank in der Augenklinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW).
Um die Konservierung und Qualität von Spenderhornhäuten zu verbessern, hat das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC einen patentierten Bioreaktor für die Augenhornhaut (lateinisch Cornea) entwickelt, der nun gemeinsam mit dem UKW im Projekt BioCor validiert wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Validierungsprojekt mit 1,8 Millionen Euro.
Im Gegensatz zur herkömmlichen statischen Kultivierung ahmt dieser Bioreaktor mit einer innovativen dynamischen Kultur natürliche Bedingungen nach und bietet eine kontinuierliche Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff. Zusätzlich ermöglicht ein integriertes Sensor- und Mikroskopiesystem eine Online-Überwachung des Zustands der Hornhäute, so dass die Parameter rechtzeitig angepasst werden können, bevor ein Transplantat irreversibel geschädigt ist und verworfen werden muss.
Mit dem Bioreaktor soll die Qualität von Spenderhornhäuten erhöht und die Eignung für die Transplantation sichergestellt werden. Mit den verbesserten Kultivierungstechniken ließe sich die Ablehnungsrate von Spenderhornhäuten deutlich senken und die Anzahl der verworfenen Gewebe reduzieren. Da der Bioreaktor eine längere Kultivierungsdauer ermöglicht, ohne Schädigung des Gewebes, erhöht sich zudem die Verfügbarkeit von transplantierbaren Hornhäuten. Das Team um den Projektleiter Dr. Christian Lotz vom Translationszentrum für Regenerative Therapien (TLZ-RT) des Fraunhofer ISC ist zuversichtlich, mit seiner Forschung dazu beitragen zu können, dass mehr Patientinnen und Patienten, die an Hornhautblindheit leiden, ihr Sehvermögen wiedererlangen und somit ihre Lebensqualität erheblich steigern.
Denn neben der verbesserten Lagerung bietet der Bioreaktor eine weitere wichtige Anwendung: die Kultivierung von gezüchteten Hornhautmodellen für klinische und pharmazeutische Tests. Durch die dynamische Kultivierung im Bioreaktor können die 3D-Hornhautmodelle die Verhältnisse im Körper genauer widerspiegeln. Und Gewebereaktionen auf Medikamente oder potenzielle Toxine können dank Echtzeit-Monitoring sofort beurteilt werden. „Mit diesen Fortschritten bei den Kultivierungsmethoden für Hornhäute können wir die Abhängigkeit von Tierversuchen in der medizinischen Forschung verringern und damit ethischere und effizientere Praktiken fördern“, fasst Dr. Malik Haider, Leiter der Forschungslabore in der Augenklinik, zusammen.
Dr. Malik Haider ist zusammen mit PD Dr. Daniel Kampik vom UKW verantwortlich für die biologischen Tests und Validierungsstudien zur Lagerung der menschlichen Hornhaut im neuen Bioreaktor. Das TLZ-RT Team um Projektleiter Christian Lotz bearbeitet, neben den technischen Entwicklungen unter der Federführung von Prof. Dr. Jan Hansmann, gemeinsam mit dem UKW die biologischen Tests und Validierungsstudien der im Bioreaktor gezüchteten Hornhauttransplantate.
Die Förderung des Validierungsprojekts läuft bis Juni 2027. Der Markteintritt ist über Lizenzierung und Kooperationen mit bestehenden Unternehmen geplant.
Text: Kirstin Linkamp
Über Augenhornhaut, Transplantation und Gewebespende
Die Hornhaut (lateinisch Cornea) ist das erste, was Augenärztinnen und Augenärzte bei der Untersuchung mit der Spaltlampe sehen. Die Form und Klarheit dieser äußeren Schicht des Auges ist Voraussetzung für scharfes Sehen. Ist die Hornhaut geschädigt, drohen erhebliche Sehschwächen bis hin zur Erblindung. Alterungsprozesse oder Stoffwechselerkrankungen können zu Trübungen der Hornhaut führen, nach Verletzungen oder Infektionen können sich Narben bilden, die das Sehvermögen beeinträchtigen. Aber auch krankhafte, kegelförmige Verformungen oder genetische Erkrankungen wie die Fuchs'sche Endotheldystrophie, bei der die Zellen auf der Rückseite der Hornhaut absterben, können eine Hornhauttransplantation erforderlich machen. Aufgrund des demografischen Wandels steigt die Nachfrage stetig, doch das Angebot ist knapp.
Viele Menschen wissen nicht, dass sie nach ihrem Tod ihre Hornhaut spenden können, auch wenn andere Organe nicht mehr zur Transplantation geeignet sind. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Nach der Entnahme werden den Verstorbenen künstliche Linsen oder gegebenenfalls Augenprothesen eingesetzt. Die Gesichtszüge bleiben erhalten. Äußerlich ist die Entnahme nicht erkennbar.
Bei der Hornhauttransplantation, auch Keratoplastik genannt, wird die geschädigte oder erkrankte Hornhaut durch gespendetes Gewebe ersetzt. Die Hornhauttransplantation ist ein medizinischer Routineeingriff mit guten Erfolgsaussichten. Weitere Informationen finden Sie unter www.organspende-info.de.
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