paper place Archiv 3. Quartal

Januskinase-Inhibitoren bei Psoriasisarthritis und axialer Spondyloarthritis

In den letzten Jahren haben sich neben den klassischen parenteral zu verabreichenden Biologika wie Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (TNFi) und Interleukin (IL)-17-Inhibitoren (IL-17i) die oral zu verabreichenden Januskinase-Inhibitoren (JAKi) als neues und wirksames Wirkprinzip bei mittelschweren bis schweren Formen der axialen Spondyloarthritis (axSpA) und der Psoriasis-Arthritis (PsA) etabliert.

Diese Erkrankungen können eine Vielzahl von Organen befallen, vor allem die Wirbelsäule, periphere Gelenke, Augen und die Haut, und zu chronisch behindernden Beschwerden mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität und Funktionalität führen.

Aufgrund der kurzen Zulassungsdauer dieser Medikamente wurde ihr real-world Einsatz außerhalb der klassischen Zulassungsstudien bisher kaum untersucht. Die deutsche RHADAR-Studiengruppe unter Federführung des Universitätsklinikums Würzburg hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, den real-world Nutzen dieser Medikamente mit dem der klassischen, schon länger eingesetzten Biologika zu vergleichen. Dazu wird als Surrogat für Wirksamkeit und Verträglichkeit das „drug survival“, also die Therapietreue der einzelnen Patienten, erfasst. 

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe verglich die verschiedenen Medikamentenklassen anhand ihrer Wirkungsweise hinsichtlich des drug survival bei jeweils über 1.200 ambulant behandelten PsA- und axSpA-Patientinnen und -Patienten in Deutschland. Dazu führten die Forschenden eine retrospektive Analyse der RHADAR-Datenbank für PsA- und axSpA-Patientinnen und -Patienten durch. Die RHADAR-Datenbank stellt eine effiziente, digitale Datenbank mit zeitsparender, automatisierter Übertragung von real erhobenen, pseudonymisierten Patientendaten aus den angeschlossenen Praxen und Ambulanzen dar.

Die Forschungsgruppe konnte in ihren Analysen zeigen, dass bei beiden Entitäten die JAKi im Vergleich zu den klassischen Biologika hinsichtlich der Gesamtverordnungszahlen noch eine untergeordnete Rolle spielen. Weiterhin zeigte sich, dass die klassischen Biologika den JAKi hinsichtlich des Drug Survivals bei PsA über 5 Jahre und bei axSpA über 2 Jahre überlegen sind, was zumindest in einem Teil der Fälle auf den Einsatz von JAKi nach Versagen der Biologika-Vortherapien zurückzuführen ist. Eine weitere Rolle dürften die im Beobachtungszeitraum publizierten negativen Sicherheitsdaten zu JAKi gespielt haben, da in einer großen randomisierten kontrollierten Interventionsstudie (ORAL Surveillance) gezeigt werden konnte, dass der untersuchte JAKi Tofacitinib mit mehr Krebsfällen und kardiovaskulären Ereignissen assoziiert war als TNFi in der Vergleichsgruppe. 

Wie sich diese Sicherheitsdaten auf den Einsatz von JAKi in Deutschland auswirken, hat die RHADAR-Studiengruppe in einer weiteren Analyse bei Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) in Deutschland untersucht, da JAKi bei RA schon länger und häufiger eingesetzt werden als bei axSpA und PsA. Während im Zeitraum vor der Veröffentlichung der Sicherheitsdaten zu Krebsrisiko und kardiovaskulären Ereignissen die Verordnungszahlen der oralen JAKi zu Lasten der klassischen Biologika kontinuierlich anstiegen und JAKi auch vermehrt in der ersten und zweiten Therapielinie eingesetzt wurden, zeigte sich nach der Veröffentlichung der EMA-Empfehlungen und des Rote-Hand-Briefs ein signifikanter Rückgang der Verordnungen und eine Verdrängung von JAKi in spätere Therapielinien zugunsten eines Wiederanstiegs der klassischen Biologika. 

Die Forschungsergebnisse wurden hochrangig in den Fachzeitschriften Frontiers in Immunology und Rheumatology International sowie durch viel beachtete Kongressbeiträge auf nationalen und internationalen Kongressen publiziert.

 

Patrick-Pascal Strunz, Matthias Englbrecht, Linus Maximilian Risser, Torsten Witte, Matthias Froehlich, Marc Schmalzing, Michael Gernert, Astrid Schmieder, Peter Bartz-Bazzanella, Cay von der Decken, Kirsten Karberg, Georg Gauler, Patrick Wurth, Susanna Späthling-Mestekemper, Christoph Kuhn, Wolfgang Vorbrüggen, Johannes Heck, Martin Welcker, Stefan Kleinert. Drug survival superiority of tumor necrosis factor inhibitors and interleukin-17 inhibitors over Janus kinase inhibitors and interleukin-12/23 inhibitors in German psoriatic arthritis outpatients: retrospective analysis of the RHADAR database. Frontiers in Immunology. Volume 15 - 2024. doi: 10.3389/fimmu.2024.1395968. 

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Patrick-Pascal Strunz, Linus Maximilian Risser, Matthias Englbrecht, Torsten Witte, Matthias Froehlich, Marc Schmalzing, Michael Gernert, Sebastian Hueper, Peter Bartz-Bazzanella, Cay von der Decken, Kirsten Karberg, Georg Gauler, Susanna Späthling-Mestekemper, Christoph Kuhn, Wolfgang Vorbrüggen, Martin Welcker, Stefan Kleinert. Use of Janus kinase inhibitors before and after European Medicines Agency safety recommendations: a retrospective study. Frontiers in Immunology. Volume 15 - 2024. doi: 10.3389/fimmu.2024.1445680.

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Patrick-Pascal Strunz, Matthias Englbrecht, Linus Maximilian Risser, Torsten Witte, Matthias Froehlich, Marc Schmalzing, Michael Gernert, Astrid Schmieder, Peter Bartz-Bazzanella, Cay von der Decken, Kirsten Karberg, Georg Gauler, Patrick Wurth, Susanna Späthling-Mestekemper, Christoph Kuhn, Wolfgang Vorbrüggen, Johannes Heck, Martin Welcker, Stefan Kleinert. Analysis of the shorter drug survival times for Janus kinase inhibitors and interleukin-17 inhibitors compared with tumor necrosis factor inhibitors in a real-world cohort of axial spondyloarthritis patients - a retrospective analysis from the RHADAR network. Rheumatology International 44, 2057–2066 (2024). doi: 10.1007/s00296-024-05671-9. 

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Retrospektive Analyse aus dem RHADAR-Netzwerk zu Januskinase-Inhibitoren, Interleukin-17-Inhibitoren Tumornekrosefaktor-Inhibitoren bei axialer Spondyloarthritis

In den letzten Jahren sind Januskinase-Inhibitoren (JAKi) neben anderen Medikamenten wie Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (TNFi) und Interleukin (IL)-17-Inhibitoren (IL-17i) als neue Behandlungsoptionen für mittelschwere bis schwere Formen der axialen Spondyloarthritis (axSpA) zugelassen worden.

Diese Krankheit betrifft hauptsächlich die Wirbelsäule und kann zu chronischen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Das Überleben von axSpA-Patienten mit Medikamenten ist seit der Zulassung von JAKi in der ambulanten Praxis noch nicht gut untersucht worden. Das Ziel der interdisziplinären Forschungsgruppe war es, die drei Medikamentenklassen auf der Grundlage ihrer Wirkungsweisen hinsichtlich ihrer Überlebensraten bei ambulanten axSpA-Patienten in Deutschland zu analysieren. Dazu führten die Forschenden eine retrospektive Analyse der RHADAR-Datenbank für axSpA-Patientinnen und Patienten durch, die zwischen Januar 2015 und Oktober 2023 eine neue Behandlung mit TNFi, IL-17i oder JAKi begonnen hatten. 

Die entsprechende 2-Jahres-Überlebensrate betrug 79,6 %, 72,6 % bzw. 62,8 % für TNFi, IL-17i und JAKi. JAKi wurde häufiger abgebrochen als TNFi. Das gleiche gilt für IL-17i im Vergleich zu TNFi. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass TNFis oft als erstes Medikament eingesetzt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass IL-17i und JAKi abgesetzt wurden, war ähnlich hoch. Die meisten Patienten haben das Medikament abgesetzt, weil es nicht gewirkt hat. Bei TNFi-Patienten dauert die Behandlung länger als bei JAKi und IL-17i. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Erkrankung bei TNFi-Patienten schwerer ist.

 

Patrick-Pascal Strunz, Matthias Englbrecht, Linus Maximilian Risser, Torsten Witte, Matthias Froehlich, Marc Schmalzing, Michael Gernert, Astrid Schmieder, Peter Bartz-Bazzanella, Cay von der Decken, Kirsten Karberg, Georg Gauler, Patrick Wurth, Susanna Späthling-Mestekemper, Christoph Kuhn, Wolfgang Vorbrüggen, Johannes Heck, Martin Welcker, Stefan Kleinert. Analysis of the shorter drug survival times for Janus kinase inhibitors and interleukin-17 inhibitors compared with tumor necrosis factor inhibitors in a real-world cohort of axial spondyloarthritis patients - a retrospective analysis from the RHADAR network. Rheumatology International 44, 2057–2066 (2024). doi: 10.1007/s00296-024-05671-9. 

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Eine retrospektive Kohortenstudie über 3D-gedruckte provisorische Kronen

Eine neue Entwicklung ist die Herstellung von Restaurationen mittels 3D-Druck (Bild 1).

Eingesetztes, 3D-gedrucktes Langzeitprovisorium

Michael del Hougne, Isabella Di Lorenzo, Christian Höhne und Marc Schmitter (Bild 2 v.l.n.r.) aus der Abteilung Zahnärztliche Prothetik untersuchten das Überleben von 3D-gedruckten Langzeitprovisorien in einer retrospektiven Kohortenstudie mit 98 Restaurationen bei 63 Patientinnen und Patienten über einen mittleren Beobachtungszeitraum von 266 Tagen. Die Überlebensrate lag bei 98%. 

Die in Scientific Reports veröffentlichte Studie ist die erste klinische Kohortenstudie zu 3D-gedrucktem festsitzendem Zahnersatz mit wertvollen Erkenntnissen zu Überlebensraten, klinischen Parametern, mundgesundheitsbezogener Lebensqualität und Patientenzufriedenheit mit der Ästhetik. 

 

Michael del Hougne, Isabella Di Lorenzo, Christian Höhne & Marc Schmitter. A retrospective cohort study on 3D printed temporary crowns. Sci Rep 14, 17295 (2024). doi: 110.1038/s41598-024-68354-2.

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Dorsalwurzelganglien des Menschen

Eine Armplexusverletzung kann durch einen Unfall entstehen und führt oft zu dauerhaftem Leiden.

Betroffene leiden unter schlaffer Lähmung, Verlust des Gefühls und starken Schmerzen. Es wird viel Hoffnung in die regenerative Medizin gesetzt, um solche Schäden zu heilen. Allerdings ist bisher kaum erforscht, wie genau die sogenannten Ganglien der der Nerven für die Gefühlsempfindung (DRG) sich verändern, wenn sie aus dem Rückenmark ausreißen.

In unserer Studie haben wir die DRGs von 13 Patientinnen und Patienten mit Plexusverletzung untersucht. Die verletzten DRG wurden bei einer Operation entnommen und mit DRG aus Autopsien (als Kontrolle) verglichen. Dabei nutzten wir moderne Techniken wie Mehrfarben-Immunhistochemie und Mikroskopie sowie eine Deep-Learning-Analyse. Zusätzlich analysierten wir die Transkriptome.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass es bei etwa der Hälfte der Patientinnen und Patienten zu einem Verlust von den Nervenzellen kam. Bei der anderen Hälfte blieben die Nervenzellen erhalten. Letztere litten unter weniger starken Schmerzen. Bei allen Patientinnen und Patienten verbesserte sich die Armfunktion nach der Operation, allerdings blieben die Schmerzen bestehen.

Die Untersuchung der Transkriptome der DRG mit erhaltenen Nervenzellen zeigte eine Entzündung, einen Umbau des Bindegewebes, und eine Abnahme der typischen neuronalen Eigenschaften. Es gibt also zwei Gruppen von Patientinnen und Patienten: eine Gruppe, die möglicherweise von einer entzündungshemmenden Therapie profitieren könnte, und eine andere, bei der weitere Studien nötig sind, um den Nervenzellverlust besser zu verstehen – besonders im Hinblick auf mögliche neue Therapieansätze.

 

Sodmann A, Degenbeck J, Aue A, Schindehütte M, Schlott F, Arampatzi P, Bischler T, Schneider M, Brack A, Monoranu CM, Gräfenhan T, Bohnert M, Pham M, Antoniadis G, Blum R, Rittner HL. Human dorsal root ganglia are either preserved or completely lost after deafferentation by brachial plexus injury. Br J Anaesth. 2024 Oct 10:S0007-0912(24)00555-5. doi: 10.1016/j.bja.2024.09.004.

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