paper place Archiv 3. Quartal

Wie Stoffwechselprodukte von Darmbakterien therapeutisch genutzt werden könnten

Die AG Luu vom Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie und die AG Visekruna von der Philipps-Universität Marburg haben gemeinsam untersucht, wie Stoffwechselprodukte von Darmbakterien genutzt werden können, um spezielle Immunzellen, sogenannte B-Zellen, umzuprogrammieren.

Durch die Kultivierung mit kurzkettigen Fettsäuren der adaptiven Immunzellen, die für die humorale Immunantwort zuständig sind, waren die Forschenden in der Lage, sogenannte regulatorische B-Zellen (Bregs) zu erzeugen, die für die Behandlung von Darmentzündungen im Mausmodell genutzt werden konnten. Die im Journal Mucosal Immunology publizierte Arbeit gibt neue Einsichten in die molekularen Prozesse, die von Metaboliten des Mikrobioms angesprochen und therapeutisch genutzt werden könnten. 

Unterstützt wurden die Arbeiten in Würzburg vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie, gefördert wurde das Projekt unter anderem im Rahmen der Allianz T2EVOLVE und dem Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF).

 

Maik Luu, Felix F Krause, Heide Monning, Anne Wempe, Hanna Leister, Lisa Mainieri, Sarah Staudt, Kai Ziegler-Martin, Kira Mangold, Nora Kappelhoff, Yoav D Shaul, Stephan Göttig, Carlos Plaza-Sirvent, Leon N Schulte, Isabelle Bekeredjian-Ding, Ingo Schmitze, Ulrich Steinhoff, Alexander Visekruna. Dissecting the metabolic signaling pathways by which microbial molecules drive the differentiation of regulatory B cells. Mucosal Immunology. September 17, 2024. doi:10.1016/j.mucimm.2024.09.003

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Tumorgewebe auf dem Chip: Neue Möglichkeiten für Zelltherapien und personalisierte Medizin

Forschende des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie, des Fraunhofer Instituts für Zelltherapie und Immunologie mit seiner Außenstelle Würzburg und des Universitätsklinikums Tübingen haben eine innovative Methode entwickelt, um die Reaktion von Tumorzellen auf Therapien außerhalb des Körpers zu testen: die Tumor-on-Chip-Technologie.

Auf einem Chip haben die Forschenden aus Tübingen und Würzburg mit patienteneigenem Tumorgewebe die komplexe 3D-Mikroumgebung des Tumors nachgebildet, um so die Wirksamkeit und Sicherheit neuartiger Therapieansätzen zu bewerten. © Tengku Ibrahim Maulana / Eberhard Karls Universität Tübingen

Dabei wird patienteneigenes Tumorgewebe außerhalb des Körpers auf einem speziellen Chip gezüchtet, der die komplexe Umgebung eines Tumors nachbildet. Diese Technologie erlaubt es, die Wirkung von Krebstherapien, wie etwa der CAR-T-Zelltherapie, unter realitätsnahen Bedingungen zu beobachten, bevor die Therapie tatsächlich bei der Patientin oder beim Patient angewendet wird. 

Mithilfe der Tumor-on-Chip-Technologie kann nun genau verfolgt werden, wie die modifizierten T-Zellen mit den Tumorzellen interagieren und welche Nebenwirkungen auftreten könnten, wie etwa das potentiell gefährliche Zytokinfreisetzungssyndrom (engl. Cytokine-Release-Syndrome; eine überschießende Immunreaktion). Die Ergebnisse, die im renommierten Journal Cell Stem Cell veröffentlicht wurden, bieten vielversprechende Ansätze für die personalisierte Medizin.

 

Tengku Ibrahim Maulana, Claudia Teufel, Madalena Cipriano, Julia Roosz, Lisa Lazarevski, Francijna E. van den Hil, Lukas Scheller, Valeria Orlova, André Koch, Michael Hudecek, Miriam Alb, Peter Loskill. Breast cancer-on-chip for patient-specific efficacy and safety testing of CAR-T cells. Cell Stem Cell. 2024, ISSN 1934-5909. doi:10.1016/j.stem.2024.04.018.

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Neues 3D-Bioreaktormodell zur Untersuchung der Knochenzellentwicklung unter Druck und Belastung

3D-Bioreaktormodell zur Untersuchung der Osteozytendifferenzierung und Mechanobiologie unter Perfusionsdruck

Elektronenmikroskopische Bilder von differenzierten Osteozyten auf den LTMC-Gerüsten. © Franziska Jundt in Kooperation mit Philipp Stahlhut and Taufiq Ahmad

Die Arbeitsgruppe von Prof. Franziska Jundt hat ein innovatives biomimetisches 3D-Knochenmodell entwickelt, das mit einem speziellen Bioreaktor die Entwicklung von Knochenzellen (Osteozyten) unter natürlichen Bedingungen wie Flüssigkeitsbewegung und mechanischem Druck simuliert. Dabei fanden sie heraus, dass bestimmte Gerüstmaterialien (poly(L-lactid-co-trimethylencarbonat) LTMC-Gerüste) besonders gut geeignet sind, um die Reifung von Osteozyten zu fördern. Außerdem zeigte sich, dass die Zellen schnell auf mechanische Reize wie Druck und Strömung reagieren, indem sie wichtige Gene für ihre Entwicklung und Anpassung aktivieren, was die Effizienz des Modells zur Untersuchung der Osteozyten-Mechanobiologie unter realitätsnahen Bedingungen unterstreicht.

Das Modell ermöglicht es auch, die Auswirkungen von Tumorzellen, die den Knochen angreifen, wie bei Knochenmetastasen oder dem Multiplen Myelom, zu untersuchen. Durch diese neue Technik könnten in Zukunft sogar Tierversuche reduziert werden.

 

Wyonna Darleen Rindt, Melanie Krug, Shuntaro Yamada, Franziska Sennefelder, Louisa Belz, Wen-Hui Cheng, Muhammad Azeem, Martin Kuric, Marietheres Evers, Ellen Leich, Tanja Nicole Hartmann, Ana Rita Pereira, Marietta Hermann, Jan Hansmann, Camilla Mussoni, Philipp Stahlhut, Taufiq Ahmad, Mohammed Ahmed Yassin, Kamal Mustafa, Regina Ebert, Franziska Jundt. A 3D bioreactor model to study osteocyte differentiation and mechanobiology under perfusion and compressive mechanical loading. Acta Biomater. 2024 Aug;184:210-225. doi: 10.1016/j.actbio.2024.06.041. 

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3D-Analyse von Knochenzellen bei Myelom: Frühe Veränderungen mit Mikro-CT sichtbar

3D-Osteozyten-Lakunarmorphometrie menschlicher Knochenbiopsien mit hochauflösendem microCT: Von monoklonaler Gammopathie bis zum neu diagnostizierten multiplen Myelom

a-c zeigen repräsentative Proben von MGUS-, SMM- und neu diagnostizierten MM-Patienten mit einem Anteil von <10 % bei MGUS und >10 % bei SMM- und MM-Patienten. Die von den Patienten entnommenen Biopsien wurden nach Anwendung von Ausschlusskriterien ausgewählt. 3D-Rekonstruktionen von repräsentativen Bildern sind in d-f dargestellt. Die Quantifizierung der Trabekeldickenverteilung ist in g-j dargestellt. Es wurden keine eindeutigen Unterschiede zwischen MGUS, SMM und neu diagnostiziertem MM in der makroskopischen trabekulären Knochenarchitektur festgestellt, was die weitere Analyse der Knochen-Ultrastruktur mit hochauflösender Mikro-CT motivierte. (https://doi.org/10.1016/j.bone.2024.117236)

In der kürzlich in der Fachzeitschrift Bone veröffentlichten Studie wurden erstmals detailliert Veränderungen in den Knochenzellen von Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom (MM) und seinen Vorstufen wie MGUS (monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz) und SMM (schwelendes Myelom untersucht. Dabei ging es speziell um sogenannte Osteozyten, die in kleinen Hohlräumen im Knochen (Lakunen) sitzen und eine Rolle beim Knochenstoffwechsel spielen. Die Forschenden nutzten hochauflösende Mikro-Computertomographie (microCT), um die Struktur dieser Lakunen genau zu analysieren. Es zeigte sich, dass eine Zunahme der Lakunengröße und eine geringere Dichte mit dem Fortschreiten der Krankheit und dem Knochenabbau zusammenhängen. Diese subtilen Veränderungen in der Knochenstruktur wären mit herkömmlichen Methoden nicht erkennbar. Die Ergebnisse könnten helfen, frühzeitig Anzeichen für die Verschlechterung der Krankheit zu erkennen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, um den Knochenabbau zu stoppen oder zu verlangsamen.

 

Inés Moreno-Jiménez, Sharen Heinig, Unai Heras, Daniela Simone Maichl, Susanne Strifler, Ellen Leich, Stéphane Blouin, Peter Fratzl, Nadja Fratzl-Zelman, Franziska Jundt*, Amaia , Cipitria A*. 3D osteocyte lacunar morphometry of human bone biopsies with high resolution microCT: From monoclonal gammopathy to newly diagnosed multiple myeloma. Bone. 2024 Aug 14;189:117236. doi: 10.1016/j.bone.2024.117236. Epub ahead of print. PMID: 39151745.
*Gleichberechtigte Letztautorenschaft

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Wie die Proteinsynthese in axonalen Fortsätzen von motorischen Nervenzellen reguliert wird

Motoneuronen, also die Nervenzellen, die unsere Muskeln steuern, brauchen eine sehr genaue Kontrolle darüber, wann und wo in der Zelle neue Proteine hergestellt werden, um das Wachstum von Axonen (lange Fortsätze der Nervenzellen) und die Herstellung sowie Aufrechterhaltung neuromuskulärer Verbindungen zu ermöglichen.

Wenn diese Proteinsynthese gestört ist, kann es zu Motoneuronerkrankungen kommen. Prof. Dr. Michael Sendtner, Direktor des Instituts für Klinische Neurobiologie, hat mit seinem Team die Mechanismen, welche die Proteinsynthese in Axonen regulieren, untersucht. 

In der in der Fachzeitschrift Nature Communications publizierten Arbeit „hnRNP R promotes O-GlcNAcylation of eIF4G and facilitates axonal protein synthesis“ konnte gezeigt werden, dass die Proteinsynthese durch das hnRNP-R-Protein geregelt ist. Das Proetin ist Teil des Translationsinitiationskomplexes und interagiert dort mit einem Enzym, das einen Glycosidrest auf den Initiationsfaktor eIF4G überträgt. Dieser Übertragungsmechanismus ist bei Erkrankungen wie der spinalen Muskelatrophie gestört. 

 

Abdolhossein Zare, Saeede Salehi, Jakob Bader, Cornelius Schneider, Utz Fischer, Alexander Veh, Panagiota Arampatzi, Matthias Mann, Michael Briese, Michael Sendtner. hnRNP R promotes O-GlcNAcylation of eIF4G and facilitates axonal protein synthesis. Nature Communications. 2024 Aug 28;15(1):7430. doi: 10.1038/s41467-024-51678-y.

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Wie entsteht „Freezing“?

In einem in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Reviews Neuroscience“ erschienenen Kurzartikel beschreibt Prof. Philip Tovote „The Origins of Freezing“.

Die „Freezing“-Reaktion ist ein evolutionär konservierter, in Tieren und Menschen kurzzeitig auftretender Zustand, der durch Bedrohungen ausgelöst wird. Freezing hat als Maß für Furcht, aber auch für assoziatives Furchtlernen eine enorme Bedeutung in den Verhalts- und Neurowissenschaften, jedoch führt die unpräzise Verwendung des Begriffs für viele verschiedene Verhaltenszustände oftmals zu Ungenauigkeiten und Missverständnissen in der Forschung. Durch die Erinnerung an die erstmalige Beschreibung von Freezing trägt der Artikel zu einem differenzierten Konzept dieser wichtigen Messgröße bei. 

 

Philip Tovote. The origins of freezing. Nat Rev Neurosci. 2024 Sep 10. doi: 10.1038/s41583-024-00857-3. Epub ahead of print. PMID: 39256592.

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3D Zellkulturmodell zur Untersuchung von Brusttumoren in hirnähnlicher Extrazellulärmatrix

Brusttumorzellen sind in der Lage, im Gehirn zu metastasieren, obwohl sich beide Gewebe in ihren mechanischen und chemischen Eigenschaften signifikant unterscheiden.

Cover Design der Ausgabe Advanced Biology. Gezeigt sind Brusttumorzellen (grün) sowie deren Interaktion mit Collagen (rot) als extrazelluläres Matrixprotein. Die weiteren Symbole stellen die Komponenten des 3D Modells dar, z.B. Hyaluronsäure, Laminin, Fibronectin, sowie chemische Vernetzer (PEGDA 2-armig und 8-armig).
Die Erstautorin Esra Tuerker am Mikroskop bei der Betrachtung ihrer 3D Modelle am Bildschirm. © Carmen Villmann

In dem von Prof. Dr. Carmen Villmann geleiteten Projekt wurde ein 3D Zellkulturmodell entwickelt, welches eine Gehirn-ähnliche Steifigkeit und Organisation der extrazellulären Matrix aufweist. Das Modell erlaubt die Charakterisierung von Zell-Zell- und Zell-Matrix-Interaktionen sowie deren Veränderungen in Anwesenheit von Therapeutika.

 

Esra Türker, Mateo S. Andrade Mier, Jessica Faber, Selma J. Padilla Padilla, Nicoletta Murenu, Philipp Stahlhut, Gregor Lang, Zan Lamberger, Jeanette Weigelt, Natascha Schaefer, Jörg Tessmar, Pamela L. Strissel, Torsten Blunk, Silvia Budday, Reiner Strick, Carmen Villmann. Breast Tumor Cell Survival and Morphology in a Brain-like Extracellular Matrix Depends on Matrix Composition and Mechanical Properties. Advanced Biology (Weinh). 2024 Jul 6:e2400184. doi: 10.1002/adbi.202400184.

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