paper place Archiv 4. Quartal 2024

Interaktive Hygieneschulung mit kostenloser Open-Source-Software

Regelmäßige Hygieneschulungen sind entscheidend, um Wissen über Hygienemaßnahmen und die Prävention nosokomialer Infektionen aufzufrischen und zu vertiefen. Im Rahmen eines innovativen Ansatzes wurde ein interaktiver E-Learning-Kurs speziell für Mitarbeitende des UKW entwickelt.

Häufige Fehler bei der Handhygiene werden anhand eines Bildes von (absichtlich) schlecht aufgetragenen fluoreszierenden alkoholischen Handeinreibungen unter UV-Licht veranschaulicht.
Interaktive Elemente vertiefen die Wissensvermittlung im eLearning-Modul.

Mit dem H5P-Plugin, eingebettet in ein Moodle-basiertes Lernmanagementsystem, bietet der Kurs eine moderne, digitale Lernumgebung, die Selbstbestimmung und Flexibilität fördert. 

Der Kurs hebt sich durch die Integration vielseitiger Inhalte hervor: praxisorientierte Module zu Händehygiene, umfassende Informationen zu multiresistenten Erregern sowie aktuelle Themen der Infektionsprävention. 

Die Evaluation ergab eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden, die nicht nur einen deutlichen Wissenszuwachs, sondern auch eine hohe Praxisrelevanz und einfache Bedienbarkeit bestätigten. Besonders bemerkenswert ist die kosteneffiziente und niederschwellige Umsetzung, die es ermöglicht, den Kurs flexibel an die Bedürfnisse verschiedener Einrichtungen im Gesundheitswesen anzupassen. Damit kombiniert dieses Modell die Vorteile kommerzieller und nicht-kommerzieller Schulungsangebote und bietet eine zukunftsweisende, digitalisierte Alternative für Hygienetrainings.

 

Michael Eisenmann, Vera Rauschenberger, Jens Maschmann, Sarah König, Manuel Krone. Interactive hygiene training using free open source software. BMJ Open Qual. 2024 Oct 30;13(4):e002861. doi: 10.1136/bmjoq-2024-002861. PMID: 39477239; PMCID: PMC11529684.
https://doi.org/10.1136/bmjoq-2024-002861

 

Häufige Fehler bei der Handhygiene werden anhand eines Bildes von (absichtlich) schlecht aufgetragenen fluoreszierenden alkoholischen Handeinreibungen unter UV-Licht veranschaulicht.
Interaktive Elemente vertiefen die Wissensvermittlung im eLearning-Modul.
SARS-CoV-2-Antigenschnelltests unter der Lupe - wie Impfungen und Virusvarianten die Ergebnisse beeinflussen

Eine einzigartige Studie des UKW untersuchte erstmals die Leistung von über 78.000 SARS-CoV-2-Antigenschnelltests (RDT), die parallel zu RT-qPCR-Tests während der COVID-19-Pandemie von 2020 bis 2023 durchgeführt wurden, unter Einbezug von Daten zu Virusvarianten (VOC) und Impfungen. Es zeigte sich ein signifikanter Rückgang der RDT-Performance im Studienzeitraum, bedingt durch milder verlaufende Omikron-Infektionen und steigende Durchimpfungsraten, die zu weniger ausgeprägten Symptomen führten.

Drei negative SARS-CoV-2-Antigenschnelltests. Zu sehen ist jeweils nur eine Linie in der Kontrollzone.
SARS-CoV-2-Antigenschnelltests zeigen insbesondere bei asymptomatisch infizierten häufig falsch negative Ergebnisse © Manuel Krone
Durchführung eines SARS-CoV-2-Antigenschnelltests. Geraden werden von der Pufferlösung Tropfen auf den Teststreifen gegeben.
In der Pandemie wurden am Uniklinikum Würzburg von November 2020 bis Juni 2023 über 100.000 SARS-CoV-2-Antigenschnelltests durchgeführt, deren Testperformance PD Dr. Manuel Krone und Isabell Wagenhäuser gemeinsam im Pandemieverlauf verfolgt und fortlaufend ausgewertet haben. © Angie Wolf / UKW

RDTs weisen bei symptomatischen Personen unabhängig von VOC und Impfstatus eine ausreichende Sensitivität auf, erfassen jedoch asymptomatische Infektionen oft nicht. Die Analyse legt nahe, dass die Symptomatik und damit die Menge an Nukleokapsidprotein im Abstrich – dem Zieltarget der RDTs – variieren, während RNA-Menge und Viruslast nicht gleichzusetzen sind.

Weitere Details im Interview mit der Erstautorin der Studie Isabell Wagenhäuser und dem Letztautor PD Dr. Manuel Krone aus der Zentralen Einrichtung für Krankenhaushygiene und Antimicrobial Stewardship des UKW.

 

Wagenhäuser, Isabell, Kerstin Knies, Tamara Pscheidl, Michael Eisenmann, Sven Flemming, Nils Petri, Miriam McDonogh, Agmal Scherzad, Daniel Zeller, Anja Gesierich, Anna Katharina Seitz, Regina Taurines, Ralf-Ingo Ernestus, Johannes Forster, Dirk Weismann, Benedikt Weißbrich, Johannes Liese, Christoph Härtel, Oliver Kurzai, Lars Dölken, Alexander Gabel, and Manuel Krone. "SARS-CoV-2 Antigen Rapid Detection Tests: Test Performance during the COVID-19 Pandemic and the Impact of COVID-19 Vaccination", EBioMedicine, 2024. https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2024.105394 

Drei negative SARS-CoV-2-Antigenschnelltests. Zu sehen ist jeweils nur eine Linie in der Kontrollzone.
SARS-CoV-2-Antigenschnelltests zeigen insbesondere bei asymptomatisch infizierten häufig falsch negative Ergebnisse © Manuel Krone
Durchführung eines SARS-CoV-2-Antigenschnelltests. Geraden werden von der Pufferlösung Tropfen auf den Teststreifen gegeben.
In der Pandemie wurden am Uniklinikum Würzburg von November 2020 bis Juni 2023 über 100.000 SARS-CoV-2-Antigenschnelltests durchgeführt, deren Testperformance PD Dr. Manuel Krone und Isabell Wagenhäuser gemeinsam im Pandemieverlauf verfolgt und fortlaufend ausgewertet haben. © Angie Wolf / UKW
Erste Ergebnisse von INTEGRATE-ADHD zum Vergleich administrativer, epidemiologischer und klinischer Diagnosedaten zur ADHS bei Kindern und Jugendlichen

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten psychischen Störungen des Kindes- und Jugendalters mit potenziell lebenslangen individuellen, familiären und sozialen Auswirkungen und hoher Public-Health-Relevanz. Doch wie viele Kinder und Jugendliche sind eigentlich in Deutschland betroffen? Die Prävalenzschätzungen diagnostizierter ADHS unterscheiden sich. Die administrativen Zahlen basierend auf Basis von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen unterscheiden sich von epidemiologischen Daten auf Basis von elternberichteten, ärztlich oder psychologisch gestellten Diagnosen aus der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert Koch-Instituts (RKI). Inwieweit beide Diagnosedaten mit klinischen Untersuchungsdaten übereinstimmen ist zudem unklar.

Im Projekt INTEGRATE-ADHD vergleicht das RKI in Zusammenarbeit mit der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des UKW und dem Institut für klinische Epidemiologie und Biometrie der JMU Würzburg sowie weiteren Konsortialpartnern die administrativen und epidemiologischen ADHS-Diagnosedaten mit denjenigen eines klinischen Assessments. Es wurden Eltern von knapp 6.000 Kindern und Jugendlichen mit administrativer ADHS-Diagnose mit den Fragebögen der KiGGS-Studie u.a. nach der ADHS-Diagnose des Kindes gefragt, eine Unterstichprobe von über 200 Kindern und Jugendlichen online mit einer leitliniengerechten Diagnostik klinisch untersucht und die Diagnosedaten anschließend auf Personenebene verknüpft. Durch die Integration dieser drei Datenquellen sollen mögliche Ursachen für die bisherigen Diskrepanzen gefunden werden. Im Projekt werden auch gesundheitsökonomische Aspekte der ADHS untersucht sowie die Lebensqualität und Versorgungszufriedenheit ADHS-betroffener Kinder und Jugendlicher und ihrer Familien. 

Erste Ergebnisse des Konsortialprojekts INTEGRATE-ADHD wurden in einem Themenheft des Journal of Health Monitoring “ADHS bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Eine gesellschaftliche Herausforderung mit hoher Public-Health-Relevanz” in der dritten Quartalsausgabe 2024 veröffentlicht.

Ein Editorial von Robert Schlack (RKI) und Marcel Romanos (UKW) ordnet das Thema ein:
RKI - Journal of Health Monitoring - ADHS bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Eine gesellschaftliche Herausforderung mit hoher Public-Health-Relevanz

Zwei methodische Beiträge aus der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie beschreiben die Durchführung einer leitliniengerechten ADHS-Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen sowie die Gütekriterien eines online durchgeführten diagnostischen ADHS-Interviews:

ADHS im Kindes- und Jugendalter: Leitliniengerechte Online-Diagnostik im Konsortialprojekt INTEGRATE-ADHD
Leila Hetzke, Annalena Berner, Sophia Weyrich, Marcel Romanos, Ann-Kristin Beyer, Robert Schlack, Ulrike Ravens-Sieberer, Anne Kaman, Julian Witte, Cornelia Fiessler, Anna Grau, Anna Horn, Peter Heuschmann, Cordula Riederer, die INTEGRATE-ADHD Study Group, Thomas Jans.
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/ConceptsMethods/JHealthMonit_2024_03_Online_Diagnostik_ADHS.html

Gütekriterien des Interview-Leitfadens für Externale Störungen (ILF-EXTERNAL) im Online-Setting – Ergebnisse aus dem Konsortialprojekt INTEGRATE-ADHD
Sophia Weyrich, Vanessa Scholz, Leila Hetzke, Sanna Ulsamer, Chantal Wallau, Diana Mager, Julia Geißler, Marcel Romanos, Ann-Kristin Beyer, Robert Schlack, Anne Kaman, Ulrike Ravens-Sieberer, Julian Witte, Anna Grau, Anna Horn, Peter Heuschmann, Cordula Riederer, die INTEGRATE-ADHD Study Group, Thomas Jans
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JHealthMonit_2024_03_Guetekriterien_ADHS.html

In vier weiteren Beiträgen der Konsortialpartner werden Korrelate der Übereinstimmung zwischen administrativer und elternberichteter ADHS-Diagnose, Daten zur Determinanten der Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen mit ADHS und zu Gesundheitskosten der ADHS berichtet:
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/JoHM/2024/JHealthMonit_Inhalt_24_Ausgabe_3.html

Das Konsortialprojekt „ADHS in Deutschland - Vergleich und Integration administrativer und epidemiologischer ADHS-Diagnosedaten durch ein klinisches Assessment“ (INTEGRATE-ADHD) wird gefördert mit Mitteln des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss (01VSF19014).

„Entscheidungsrauschen“ ist kein Messfehler

Bisherige Studien haben inkonsistente Entscheidungen oft ignoriert und als Messfehler abgetan. Die Arbeitsgruppe “Kognitive Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie“ hat sich aber die Rauschkomponenten, die sich aus fast allen Verhaltensexperimenten extrahieren lassen, genauer angeschaut und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift PLOS Biology veröffentlicht.

Lorenz Deserno und Vanessa Scholz vor alten Torbogen des Zentrums für Psychische Gesundheit.
Dr. Vanessa Scholz und Prof. Dr. Lorenz Deserno, Leiter der Arbeitsgruppe “Kognitive Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie" an der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), zeigen in ihrer neuesten Studie, dass die Zunahme der Komplexität von Prozessen und die Abnahme des Entscheidungsrauschens proportional zusammenhängen. © Kirstin Linkamp / UKW
Kinder und Jugendliche treffen oft impulsive und inkonsistente Entscheidungen, zum Beispiel bei der Auswahl einer Eissorte. Erwachsene hingegen entscheiden überlegter. Die Arbeitsgruppe “Kognitive Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie“ des Universitätsklinikums Würzburg fand heraus, dass die Fähigkeit zu überlegtem Entscheiden im Jugendalter zunimmt und impulsive Entscheidungen abnehmen. Diese Entwicklung könnte wichtig für komplexere kognitive Prozesse sein, wie in ihrer Studie in PLOS Biology beschrieben. © UKW

In ihrer Studie stellten Vanessa Scholz und Lorenz Deserno erstmals die Entwicklung verrauschter Entscheidungen der Entwicklung spezifischer kognitiver Prozesse gegenüber. Es zeigte sich, dass eine altersabhängige Zunahme spezifischer und komplexer kognitiver Prozesse nicht nur mit einer Abnahme „verrauschter“ inkonsistenter Entscheidungen einhergeht, sondern sogar von dieser Abnahme abhängt.

Weitere Informationen zum Projekt und Team finden Sie in der Pressemeldung

 

Vanessa Scholz, Maria Waltmann, Nadine Herzog, Annette Horstmann, Lorenz Deserno (2024) Decrease in decision noise from adolescence into adulthood mediates an increase in more sophisticated choice behaviors and performance gain. PLoS Biol 22(11): e3002877. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3002877

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Lorenz Deserno und Vanessa Scholz vor alten Torbogen des Zentrums für Psychische Gesundheit.
Dr. Vanessa Scholz und Prof. Dr. Lorenz Deserno, Leiter der Arbeitsgruppe “Kognitive Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie" an der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), zeigen in ihrer neuesten Studie, dass die Zunahme der Komplexität von Prozessen und die Abnahme des Entscheidungsrauschens proportional zusammenhängen. © Kirstin Linkamp / UKW
Kinder und Jugendliche treffen oft impulsive und inkonsistente Entscheidungen, zum Beispiel bei der Auswahl einer Eissorte. Erwachsene hingegen entscheiden überlegter. Die Arbeitsgruppe “Kognitive Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie“ des Universitätsklinikums Würzburg fand heraus, dass die Fähigkeit zu überlegtem Entscheiden im Jugendalter zunimmt und impulsive Entscheidungen abnehmen. Diese Entwicklung könnte wichtig für komplexere kognitive Prozesse sein, wie in ihrer Studie in PLOS Biology beschrieben. © UKW
Validierung von GDF-15 als therapeutisches Zielmolekül zur Verbesserung der Immunantwort gegen Tumore

Das von der AG Wischhusen an der Frauenklinik entwickelte Konzept zur Verbesserung der Immuninfiltration in Tumoren durch Blockade von GDF-15 wurde von der Ausgründung CatalYm in einer ersten in Nature publizierten klinischen Studie validiert.

Dreidimensionales Schaubild des Antikörper Visugromab
Der Antikörper Visugromab (dargestellt in pink) blockiert gezielt den Wachstums- und Differenzierungsfaktor 15 (GDF-15, dargestellt in orange). Durch die Neutralisierung von GDF-15 kann Visugromab das Immunsystem dabei unterstützen, Tumore effektiver anzugreifen und Resistenzen gegen Immuntherapien zu überwinden. © CatalYm

Der am UKW entwickelte Anti-GDF-15-Antikörper, der sich derzeit unter dem Namen Visugromab in Phase 2-Studien befindet, ermöglichte bei ca. 20% der Patienten mit therapierefraktärem Lungen-, Blasen- und Leberkarzinom ein erstes oder erneutes Ansprechen auf eine Immuncheckpoint-Blockade mit Anti-PD-1 (Nivolumab). Die beobachteten lang anhaltenden und tiefen Remissionen, die in Einzelfällen bis zum kompletten Verschwinden des Tumors führten, sind für dieses Patientenkollektiv sehr ungewöhnlich. Zudem erwies sich die Therapie als sehr gut verträglich. Die Studie stellt damit ein sehr erfolgreiches Beispiel für die Würzburger translationale Forschung "from bench to bedside" dar. 

 

Melero, I., de Miguel Luken, M., de Velasco, G. et al. Neutralizing GDF-15 can overcome anti-PD-1 and anti-PD-L1 resistance in solid tumours. Nature (2024). doi:10.1038/s41586-024-08305-z

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Dreidimensionales Schaubild des Antikörper Visugromab
Der Antikörper Visugromab (dargestellt in pink) blockiert gezielt den Wachstums- und Differenzierungsfaktor 15 (GDF-15, dargestellt in orange). Durch die Neutralisierung von GDF-15 kann Visugromab das Immunsystem dabei unterstützen, Tumore effektiver anzugreifen und Resistenzen gegen Immuntherapien zu überwinden. © CatalYm
Schutz der Fruchtbarkeit während einer Krebstherapie

Da immer mehr junge Menschen im fortpflanzungsfähigen Alter an Krebs erkranken, steigt auch der Bedarf an Beratung und Maßnahmen, um die Fruchtbarkeit zu erhalten.

Flussdiagramm zur Zusammenfassung der Wahl der fertilitätsprotektiven Maßnahme in einem FertiPROTEKT-Zentrum bei Frauen in Abhängigkeit von der onkologischen Therapie
Flussdiagramm zur Zusammenfassung der Wahl der fertilitätsprotektiven Maßnahme in einem FertiPROTEKT-Zentrum bei Frauen in Abhängigkeit von der onkologischen Therapie
GV-, MI- und MII-Oozyten vor der Kryokonservierung
GV-, MI- und MII-Oozyten vor der Kryokonservierung. Aktuell wird das Einfrieren lediglich von MII-Oozyten zum Fertilitätserhalt empfohlen. Das Einfrieren von unreifen Oozyten (GV- und MI-Stadien) erfordert nach dem Auftauen eine InVitroMaturation (IVM). Die IVM gilt allerdings noch immer als eine experimentelle Behandlungsmethode und findet bei der Fertilitätsprotektion keine reguläre Anwendung.
Gruppenfoto des Teams des Zentrums für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Das Team des Zentrums für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin

Dank moderner Krebstherapien überleben viele Betroffene ihre Erkrankung langfristig. Allerdings können die Behandlungen die Fertilität beeinträchtigen. Operationen, Chemotherapie oder Bestrahlung können die Funktion der Eierstöcke (prämature Ovarialinsuffizienz, POI) oder Hoden (Azoospermie) schädigen und dadurch zu Unfruchtbarkeit führen. Deshalb ist eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen onkologischem und reproduktionsmedizinischem Zentrum zwingend erforderlich. So kann der Wunsch nach eigenen Kindern auch nach der Krebstherapie möglich bleiben.

Das Team des Kinderwunschzentrums der Frauenklinik hat einen Übersichtsartikel über die aktuellen Methoden der Fertilitätsprotektion verfasst.

 

Claudia Staib, Saskia-L. Herbert, Adriane Woehl Wenigerkind, Michael Schwab, Achim Wöckel, Carolin Curtaz. Fertilitätsprotektion unter onkologischer Therapie. best practice onkologie. 11/2024. DOI: 10.1007/s11654-024-00609-w

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Flussdiagramm zur Zusammenfassung der Wahl der fertilitätsprotektiven Maßnahme in einem FertiPROTEKT-Zentrum bei Frauen in Abhängigkeit von der onkologischen Therapie
Flussdiagramm zur Zusammenfassung der Wahl der fertilitätsprotektiven Maßnahme in einem FertiPROTEKT-Zentrum bei Frauen in Abhängigkeit von der onkologischen Therapie
GV-, MI- und MII-Oozyten vor der Kryokonservierung
GV-, MI- und MII-Oozyten vor der Kryokonservierung. Aktuell wird das Einfrieren lediglich von MII-Oozyten zum Fertilitätserhalt empfohlen. Das Einfrieren von unreifen Oozyten (GV- und MI-Stadien) erfordert nach dem Auftauen eine InVitroMaturation (IVM). Die IVM gilt allerdings noch immer als eine experimentelle Behandlungsmethode und findet bei der Fertilitätsprotektion keine reguläre Anwendung.
Gruppenfoto des Teams des Zentrums für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Das Team des Zentrums für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Wie ein Cannabinoid-sensitiver Rezeptor das Herz beeinflusst: Neue Erkenntnisse zu GPR55

Da immer mehr Länder Cannabis legalisieren und der Konsum steigt, ist es von großer Bedeutung zu verstehen, welche Rolle Cannabinoide und deren Rezeptoren im Herzen spielen.

Die Studie hat gezeigt, dass eine Defizienz des GPR55 Rezeptors insbesondere im weiblichen Geschlecht, bereits unter physiologischen Bedingungen maßgeblich die Struktur und Funktion des Herzens modifiziert. Hierzu zählen ein vergrößertes Füllungsvolumen der linken Herzkammer, ein verlangsamter Herzschlag, eine veränderte Sarkomer-Kontraktion, erhöhte zytosolische Konzentration des für die Kontraktion der Herzmuskelzellen notwendigen Kalziums (Ca2+) sowie eine beschleunigte mitochondriale Atmung ohne Präferenz für bestimmte Energiesubstrate. Weiterhin konnten wir zeigen, dass bei einer hormonell ausgelösten Druckbelastung des Herzens durch Stimulation des AT1 Rezeptors mit Angiotensin II, eine GPR55 Defizienz keinen Einfluss auf die kompensatorische Größenzunahme von Herz und Herzmuskelzellen ausübt jedoch pathologischen Veränderungen wie maladaptiver Gen-Expression und dem Verlust der Anpassungsfähigkeit der Pumpfunktion (Erhöhung der Ejektionsfraktion, EF) an erhöhte Belastungen entgegen wirkt.
Portraitfoto von Sarah-Lena Puhl vom Institute for Cardiovascular Prevention (IPEK) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
Sarah-Lena Puhl vom Institute for Cardiovascular Prevention (IPEK) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)

Cannabis aktiviert verschiedene G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und kann bei fortwährendem Konsum Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) und Hypotonie (niedriger Blutdruck) verursachen. Zudem legen in vitro Studien nahe, dass Stimulation von Cannabinoid-Rezeptoren die Kontraktionskraft und Hypertrophie von Kardiomyozyten, also die stress-bedingte Zunahme der Zellgröße, beeinflussen könnten.

Forschende aus München, Würzburg und Aachen um Sarah-Lena Puhl vom Institute for Cardiovascular Prevention (IPEK) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und dem DZHI am UKW haben nun die Rolle des Cannabinoid-sensitiven Rezeptors GPR55 in der Regulation der Herzfunktion, des Kardiomyozyten-Stoffwechsels und der Hypertrophie an Mäusen untersucht. Dabei zeigte sich, dass dieser Rezeptor besonders bei weiblichen Mäusen eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Funktion von Herzmuskelzellen und deren Reaktion auf Belastungen wie Bluthochdruck hat.

Weibliche Mäuse ohne GPR55 zeigten in Abwesenheit kardialer Belastung bereits eine veränderte Herzfunktion und Struktur: ein größeres Füllungsvolumen, verlangsamten Herzschlag und schnellere Kontraktionen der kontraktilen Einheiten der Herzmuskelzellen, der Sarkomere. Diese Veränderungen waren verbunden mit einer Hochregulation von Faktoren, die den Glukose- und Fettsäuretransport fördern, sowie einer beschleunigten mitochondrialen Atmung. Bei experimentell erzeugter hypertensiver Herzerkrankung (durch das Hormon Angiotensin II) schützte die GPR55-Defizienz die weiblichen Herzen vor schädlichen Veränderungen, wie gestörtem Stoffwechsel und Verlust der Fähigkeit, die Pumpleistung des Herzens zu erhöhen, um unter Stressbedingungen den erhöhten Blutversorgungsbedarf des Körpers zu decken (kontraktile Reserve).

Das heißt: Insbesondere in weiblichen Mäusen modifiziert ein Fehlen der GPR55 Aktivität Herzfunktion und -stoffwechsel erheblich und mildert die maladaptiven Umbauprozesse des Herzens als Antwort auf Belastungen, wie Bluthochdruck, ab. GPR55 könnte also ein vielversprechendes Ziel für neue Behandlungen sein, um hypertensive Herzkrankheiten – insbesondere bei Frauen – zu behandeln. Der Rezeptor bietet demnach potentielle, neue Ansätze, um schädliche Anpassungen des Herzens bei druck-induzierten Herzerkrankungen entgegen zu wirken.

 

Brigitte Schopohl, Michael Kohlhaas, Alexander G. Nickel, Anna-Florentine Schiuma, Sanne L. Maas, Emiel P. C. van der Vorst, Yi Xuan Shia, Christoph Maack, Sabine Steffens, Sarah-Lena Puhl. Gpr55 deficiency crucially alters cardiomyocyte homeostasis and counteracts angiotensin II induced maladaption in female mice. Br J Pharmacol. 2025 Feb;182(3):670-691. doi: 10.1111/bph.17350. Epub 2024 Oct 20. PMID: 39428581.

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Die Studie hat gezeigt, dass eine Defizienz des GPR55 Rezeptors insbesondere im weiblichen Geschlecht, bereits unter physiologischen Bedingungen maßgeblich die Struktur und Funktion des Herzens modifiziert. Hierzu zählen ein vergrößertes Füllungsvolumen der linken Herzkammer, ein verlangsamter Herzschlag, eine veränderte Sarkomer-Kontraktion, erhöhte zytosolische Konzentration des für die Kontraktion der Herzmuskelzellen notwendigen Kalziums (Ca2+) sowie eine beschleunigte mitochondriale Atmung ohne Präferenz für bestimmte Energiesubstrate. Weiterhin konnten wir zeigen, dass bei einer hormonell ausgelösten Druckbelastung des Herzens durch Stimulation des AT1 Rezeptors mit Angiotensin II, eine GPR55 Defizienz keinen Einfluss auf die kompensatorische Größenzunahme von Herz und Herzmuskelzellen ausübt jedoch pathologischen Veränderungen wie maladaptiver Gen-Expression und dem Verlust der Anpassungsfähigkeit der Pumpfunktion (Erhöhung der Ejektionsfraktion, EF) an erhöhte Belastungen entgegen wirkt.
Portraitfoto von Sarah-Lena Puhl vom Institute for Cardiovascular Prevention (IPEK) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
Sarah-Lena Puhl vom Institute for Cardiovascular Prevention (IPEK) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)